Diagnose: Akute Verkopfung

Derzeit sitze ich vermehrt in Recruiting Prozessen in kleinen mittelständischen Unternehmen und stelle überraschend fest: Die meisten Bewerber treibt eine unfassbare Demotivation und Orientierungslosigkeit um.

Wo ist sie hin, die große Motivation der neuen Bewerberinnen und Mitarbeiter? Was hält sie ab etwas neues zu wagen, neue Wege zu gehen. Warum so zögerlich? Warum wissen sie nicht so recht, was gut für sie ist? Was weniger? Eine Frage, die mich sehr bewegt und nachdenklich macht und der ich einmal gerne näher auf den Grund gehen möchte.

Wir alle kennen es. Das Gefühl, ich muss hier weg. Wer sich aktuell mit den Möglichkeiten eines Arbeitgeber-, eventuell sogar des Branchenwechsels beschäftigt, ist damit nicht allein. Einer aktuellen Studie von PWC zufolge, will einer von fünf Befragten in den kommenden zwölf Monaten seinen aktuellen Job verlassen.

Für die „Global Workforce Hopes and Fears Survey 2022“ wurden mehr als 52.000 Arbeitnehmer in 44 Ländern befragt. Als Grund für den geplanten Jobwechsel gaben die meisten eine mögliche Gehaltssteigerung an (71%), ähnlich häufig wurde aber auch die Suche nach Erfüllung im Job (69%) und die Möglichkeit, ganz man selbst sein zu können (66%) genannt. Fast die Hälfte der Befragten (47%) gab außerdem die flexible Wahl des Arbeitsortes als ausschlaggebend für einen möglichen Jobwechsel an.

Was ist passiert? Und woran liegt das?

Die Motivationslage der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer lässt sich durch mehrere Faktoren erklären. Mit eine der zu beobachtbaren Ursachen liegt in der noch immer  anhaltenden Pandemie, die möglicherweise den Sinn des Daseins und den Sinn des Selbst in Frage gestellt hat. Und auch die Beziehung des Arbeitnehmers zu den Einschränkungen seiner Freiheit (auferlegtes digitales Arbeiten, wenig Zugang zu Sozial- und Erholungsräumen, Homeoffice, Platzmangel, ua.) sind Gründe hierzu.

Hauptanteil wird sicherlich unsere individuelle Bedürfnislage und zunehmende Verunsicherung der aktuellen Weltenlage sein.

 Sinnhaftigkeit als Lebensperspektive

Aber woher kommt die große Unzufriedenheit? Die Gründe haben zuletzt die Sozialpsychologen Adam Galinsky und Laura Kray in einem Essay für die „Los Angeles Times“ erörtert. Es seien nicht nur die harten Grundvoraussetzungen eines Jobs, die Menschen unglücklich machten (zum Beispiel unzureichende Bezahlung bei steigenden Lebenshaltungskosten); die Pandemie habe die Lebensperspektive vieler Menschen so verändert (zum Beispiel durch das Arbeiten aus dem Homeoffice), dass ihr „kontrafaktisches“ Denken eingesetzt habe – das heißt, dass sie zunehmend alternative Lebensmöglichkeiten durchspielen: Was wäre, wenn? Sondern es ist die Sinnhaftigkeit als Lebensperspektive die hinzu gekommen ist.

Diesen Effekt dieser Gedankengänge kann man allgemein als eine Art „universal Midlife-Crisis“ beschreiben. Gemeint ist, dass Arbeitnehmende aller Altersgruppen sich mit Fragen beschäftigen wie: Wie sinnstiftend ist mein Job – für mich selbst, aber auch für andere? Muss ich mich wirklich z.B. mit „toxic workplace culture“ auseinandersetzen, wenn ich allein im Homeoffice zufriedener bin? Was will ich im Leben eigentlich wirklich erreichen? Und was wäre, wenn…ja, einfach alles anders wäre?

Am Ende solcher Gedankengänge steht dann eben aktuell die Kündigung im aktuellen Job. Und das Gefühl: Die Krise soll zum Wendepunkt im Leben werden – eingeläutet mit einem Jobwechsel. „ Inmitten der Schwierigkeiten liegt die Möglichkeit“ Albert Einstein

Eigenmotivation fördern anhand unserer Bedürfnisse

Was fehlt uns eigentlich wirklich? Sind es primäre die Grundbedürfnisse? Legen wir die Maslowsche Bedürfnispyramide als wichtigste Grundlage für seelischer Gesundheit zu Grunde, ergeben sich 5 Grundprinzipien der Bedürfnisse und Erklärungshilfen, die uns helfen können der möglichen De-Motivation Abhilfe zu schaffen.

Dabei clustern wir 5 Ur- Bedürfnisse. Diese Übung kann helfen genauer hinzuschauen bei der Bedürfnisermittlung.

1. Elementarbedürfnisse

Atmung, Wasser, Nahrung, Schlaf, Fortpflanzung, Homöostase (z. B. Hütte, Witterungsschutz).Notiere? Was fehlt?

2. Sicherheitsbedürfnisse

Sind physiologische Bedürfnisse relativ gut befriedigt, taucht eine neue Reihe von Bedürfnissen auf: Sicherheitsbedürfnisse (wie: körperliche und seelische Sicherheit, materielle Grundsicherung, Arbeit, Wohnung, Familie, Gesundheit). Maslow beschreibt, dass es bezüglich der Untersuchung von Sicherheitsbedürfnissen besser ist, Kinder zu untersuchen. Ihre Reaktionen auf grobe Behandlung (plötzliches Fallenlassen) oder ungewöhnliche sensorische Stimulation (blinkende Lichter, plötzlicher Lärm) ist unverfälscht – im Gegensatz zu Erwachsenen, die durch Sozialisation oft gelernt haben, Angst oder Mangel an Sicherheit äußerlich nicht zu zeigen.  Notiere: Was fehlt?

 3. Soziale Bedürfnisse

Den Wunsch nach Ansehen, Prestige, Wertschätzung, Achtung und Wichtigkeit, also eine passive Komponente unserer Selbstachtung, die nur von anderen Menschen für uns erfüllt werden kann. Notiere: Was fehlt?

4. Individualbedürfnisse

Zu den Individualbedürfnissen rechnet Maslow u. a.: Vertrauen, Wertschätzung, Selbstbestätigung, Erfolg, Freiheit und Unabhängigkeit. Maslow versucht hier noch einmal, zwei Unterkategorien zu unterscheiden:

  •  den Wunsch nach (mentaler/körperlicher) Stärke, Erfolg, Unabhängigkeit und Freiheit,
  • den Wunsch nach Ansehen, Prestige, Wertschätzung, Achtung und Wichtigkeit, also eine passive Komponente unserer Selbstachtung, die nur von anderen Menschen für uns erfüllt werden kann. Notiere: Was fehlt?

5. Selbstverwirklichung

Wenn bis auf diese Stufe alle Bedürfnisse befriedigt sind, wird nach Maslow eine neue Unruhe und Unzufriedenheit im Menschen erwachen: Er will seine Talente, Potenziale und Kreativität entfalten, sich in seiner Persönlichkeit und seinen Fähigkeiten weiterentwickeln und sein Leben gestalten und ihm einen Sinn geben. Notiere: Was fehlt?

Die häufigsten Faktoren , die im Zusammenhang mit Demotivation und Orientierungslosigkeit stehen sind:

  • Verlust von Sinn und Fähigkeit zur Selbstverwirklichung. Es ist der der gefühlte Mangel an Perspektiven in Krisenzeiten, in einem unsicheren Kontext.
  • Verlust von Anerkennung und Selbstwertgefühl, verursacht durch die Bedingungen durch digitale Arbeit. Durch die  lange Isolation haben den Beschäftigten oft nicht geholfen, genügend Anreize und positive Zeichen der Anerkennung zu erhalten.
  • Der Verlust des Zugehörigkeitsgefühls: insbesondere weil die Teammeetings aus der Ferne nicht immer partizipativ moderiert wurden. Die Tatsache, dass es nicht möglich war, sich am Arbeitsplatz zu treffen und gesellige Momente zu teilen, hat den Teamgeist und die sozialen Beziehungen am Arbeitsplatz beeinträchtigt.
  • Der Verlust der Sicherheit. Die Umbruchsituation in der Welt und auch die erschöpften Motivatoren, die den Motor in der Vergangenheit und durch die Pandemie stabil gehalten haben.

 Wege zur Re-Motivation durch eigene Bedürfnisse zu beachten

Aus diesen Gründen ist es wichtig einmal mehr hinzuschauen und pro-aktive Lebensführung wie Mut, Optimismus, Dankbarkeit, Freundlichkeit und Aufrichtigkeit als Grundwerte für sich selbst zu aktivieren. Der Grundgedanke: Wenn man diese Stärken ausbaut, fühlt man sich im eigenen Leben wohler und zufriedener und kann auch mit Krisen besser umgehen- egal ob im Job oder privat.

Diese dienen zweifellos als Schlüsselhebel zur Bekämpfung der Demotivation, die durch die verschiedenen Krisen eventuell aufgedeckt wurden. Aber wie kann man jeden Arbeitnehmer dazu bringen, Autor und Akteur seines Berufslebens zu sein? Neben der individuellen Widerstandsfähigkeit bleibt die intrinsische Motivation der Schlüsselhebel im Kampf gegen die Demotivation. Es liegt an jedem Arbeitnehmer, den Sinn seiner Arbeit in Verbindung mit seinen tiefsten Werten und Bedürfnissen zu konstruieren. „Wir müssen unsere eigene Lebensqualität am Arbeitsplatz in den Mittelpunkt stellen. Anbei ein paar Anregungen zur Stärkung Deiner Selbst.

Der Schlüssel: Mitfühlen statt verkopft denken

Übungsidee : Zuschauer sein zur Stärkung des Mitgefühls

Filme als Medizin und Balsam für die Seele? Diese Vorstellung klingt nicht nur gut, sie ist es auch. Zahlreiche Studien belegen, dass Filme und Geschichten tatsächlich Emotionen bewegen und Werte stärken können. Sie können Empathie erhöhen oder eigene Probleme relativieren. Nennen wir es eine Art der Filmtherapie, durch die wir in bestimmten Momenten der Trennungsprozessen, Trauer, Ängsten oder Depressionen positiv beeinflusst werden können. Man sollte natürlich in bestimmten Problemlagen keine Wunder erwarten, aber man kann so einen hilfreichen Blickwinkel auf die eigenen Probleme gewinnen.

Wenn Ihr also gerne Filme oder Serien verfolgt, dann vielleicht mal mit einem neuen Ansatz zur Stärkung unserer Selbst.

Fragen:

  • Welche drei Lieblingsfilme fallen Euch ein? Welche Themen haben diese Filme?
  • Gibt es schon immer eine Figur aus deiner Serie oder Film, die Euch beeindruckt habt? Wenn ja, welche und warum?
  • Wann wart ihr nach einem Film oder Serie verändert oder gar verstört? Was hat dich emotional beeindruckt?

Filmanregungen:

  • Billy Elliot: I will Dance – Thema Kreativität
  • Schindlers Liste -Thema Mut
  • Gandhi- Thema Weisheit
  • Das Beste kommt zum Schluss -Thema Freundschaft und Abschied
  • Rain Man- Thema Bescheidenheit
  • Grüne Tomaten-Thema Freundschaft
  • Titanic- Thema Liebe und Gesellschaft
  • Ist das Leben nicht schön?- Thema Das Leben im Augenblick

Über www.positivepschologynews.com könnt ihr Euch darüber hinaus inspirieren lassen.

Raus aus dem Gedanken- Dschungel

Manchmal ist unser Kopf schon morgens zum Platzen voll, die Gedanken springen hin und her und wir wissen nicht wohin mit uns. Garantiert ist es das letzte was uns einfällt eine Meditation. Aber genau das sind die Momente, wo genau das das Richtige zu sein könnte.

Übungsidee: Finde einen aufrechten Sitz auf dem Boden oder Stuhl. Schließe die Augen und atme ein und aus- spüre wie du bei jedem Atemzug loslässt. Die Einatmung kommt ganz automatisch. Versuche die Augen ganz ruhig zu halten und nehme dir 10 Minuten für dich Zeit.

Manchmal ist es gut das Hirn zu entlüften und nichts zu denken. Einfach sein, an einem Lieblingsort und mit einem guten Gefühl in den Tag zu starten. Gut gefüllt mit positiven Gedanken können wir so schwierigen Situationen entgegentreten und zu mehr eigener Lebenszufriedenheit beitragen. Tatsächlich liegt die Arbeit dazu bei uns, letztendlich um unser Urbedürfnis zu befrieden und unser Selbst Leben zu können. Manchmal finden wir all das vereint am Arbeitsplatz, manchmal müssen wir es aufteilen (Arbeit/Privat). Dabei ist es nur wichtig, ein realistisches Maß zu finden und unsere Umwelt nicht zu überfordern.

Es gibt natürlich noch zahlreiche andere wirksame Methoden zur Auflösung von Verkopfung, diese hier dienen als erste Anregung zur weiteren ACHTSAMKEIT den Dingen im Alltag zur maßvollen Gesundung und nicht zur Förderung der eigenen Ego Dynamik.