„Wir verstehen uns!?“ Eine Frage der guten Kommunikation

Wer kennt das nicht? Im Alltag verschüttete Nachrichten, falsch ausgeführte Anweisungen, wochenlanges aneinander Vorbeireden. Wie aber sehen die Spielregeln für erfolgreiche Kommunikation wirklich aus?

Der erste große Patzer unterlief Sabine R. mit ihrer obersten Vorgesetzten. Sabine R. ist ambitionierte Marketingleiterin und wollte ihre Chefin davon überzeugen, dass die Sozialen Medien eine zentrale Rolle in der Unternehmenskommunikation spielen sollten. Die Antwort ihrer Chefin: „Ich halte Social-Media-Beiträge über mein Leben für verbale Luftverschmutzung“ und zog von dannen. Sabine R. war sprachlos. Sie kam nicht einmal dazu, ihre Argumente vorzutragen und überlegte lange, wie diese Kommunikationssituation hätte anders verlaufen können.

Missverständnissen vorbeugen

Ganz offensichtlich lag ein klassisches Missverständnis vor: Die Chefin von Sabine R. erwartete wohl Twitter-Beiträge über Banalitäten; Sabine R. dachte an Posts über spannende Alltagsthemen aus dem Führungsalltag, die Menschen bewegen.

Nach dem Vier-Ohren-Kommunikationsmodell von Friedemann Schulz von Thun entstehen Missverständnisse vor allem dadurch, dass das Senden und Empfangen einer Nachricht immer auf vier Wegen geschieht. Wer spricht, kommuniziert dabei die folgenden Ebenen: Sachaspekt, Beziehungsaspekt, Selbstaussage und Appell. Und auch der Empfänger kann den Inhalt auf diesen vier Ebenen hören. Er hört also mit vier Ohren.

Kommunikation

 

Daraus ergeben sich bei jeder Botschaft verschiedene Fragen:

1.     Sachaspekt: Worüber spricht sie?

Wir kommunizieren auf dieser Ebene die reine Information, Fakten und Daten.

2.     Beziehungsaspekt: Wie steht sie zu mir?

Immer schwingt mit, wie der Sender zum Empfänger steht. Einen bedeutenden Anteil haben hier auch Mimik, Gestik oder der Tonfall in dem wir sprechen.

3.     Selbstaussage: Was offenbart sie über sich?

Jeder der kommuniziert, selbst der, der nicht kommuniziert, gibt damit etwas über sich selbst preis. Jede Aussage lässt Rückschlüsse auf unsere Persönlichkeit zu.

4.     Appell: Was will sie von mir?

Wer kommuniziert möchte etwas. In jeder Botschaft, steckt ein offener oder verdeckter Appell. Wer mit seinem Appellohr hinhört, fragt sich: Was soll ich tun?

Sabine R. macht mit der Reflexion über das schiefgelaufene Gespräch den ersten richtigen Schritt. Die beiden scheinen nicht auf derselben Ebene kommuniziert zu haben. Die Marketingleiterin befand sich rein auf der Sachebene, bei ihrer Chefin dagegen schienen emotionale Aspekte in die Kommunikation mit reinzuspielen.

Was will ich sagen mit welchem Zweck?

Wer sich vorab gut vorbereiten und Missverständnissen vorbeugen möchte, klärt und definiert noch vor der Situation für sich selbst das Kommunikationsziel und den Kommunikationszweck einer Unterhaltung. Dann kann man auch den Faden vom Gegenüber aufnehmen: „Ich verstehe, was Sie meinen, aber ich stelle mir dies und jenes vor.“ So kann man den Fokus auf die Sachebene lenken und mit Geschäftszahlen und anderen Fakten das eigene Anliegen sachlich verargumentieren.

Mit welchem Ohr unser Gegenüber zunächst hinhört, können wir nicht beeinflussen, denn jede Äußerung, enthält nach Schulz von Thuns Modell vier Botschaften und kann auf vier verschiedenen Wegen verstanden werden. Wer sich dessen bewusst ist und weiß, welches Kommunikationsziel er verfolgt, kann die Unterhaltung aber entsprechend lenken. Sabine R. ist das in einem konstruktiven Feedbackgespräch ebenfalls gelungen. Sie konnte die Bedeutung und ihre Pläne für die Social-Media-Kanäle des Unternehmens noch einmal deutlich hervorheben und ihre Chefin überzeugen.

Die Beziehung zwischen den Kommunikationsparteien ist sehr wichtig für den Erfolg

Das Vier-Ohren-Modell zeigt auch, dass die Beziehung zwischen Sender und Empfänger in jedem Gespräch eine große Rolle für eine konstruktive Verständigung spielt. Denn Beziehung ist Rhythmus, Schwingung und Gleichklang zwischen zwei Polen. Unser ganzes Leben besteht aus gegensätzlichen Polen wie kämpferisch und harmonisch, führend oder geführt werden, teamliebend oder lieber für sich sein, einatmen und ausatmen, hell oder dunkel. Ist der Wechsel gleichwertig, ist die Beziehung intakt. Zwei Individuen begegnen sich auf gleicher Ebene. Sie sind im Flow.
Die ideale Ich-Du-Beziehung kennt keine Ängste oder Geheimnisse. Man muss sich nicht schützen. Wir kennen dies von Liebenden und eng verbundenen Menschen. Dabei wird nicht zwischen geschäftlich und privat getrennt. Bleiben wir dagegen auf einem Pol hängen, stimmt die Chemie nicht mehr, es entsteht ein Störungsgefühl. Die Folge: Wir meiden Beziehungen oder brechen sie abrupt ab.

Im Gegensatz zu persönlichen Beziehungen haben bei Geschäftsbeziehungen die Rahmenbedingungen eine viel größere Bedeutung. Diese müssen wir daher mit in die Kommunikation und die Kommunikationsstrukturen mit einbeziehen.

Ein Beispiel: Alles doppelt machen

Robert D. muss den monatlichen Geschäftsbericht vorlegen. Als Führungskraft im Vertrieb eines großen Handelsunternehmens gehört dies zu seinen regelmäßigen Aufgaben. Wenn der nicht am ersten Montagnachmittag eines Monats der Unternehmensführung vorlag, war der Chef verärgert. Also hat er sich, wie so oft, gleich am frühen Morgen an das Zusammentragen der Zahlen gemacht.

Kurz vor zehn kam eine E-Mail rein: Ein neuer Großkunde, mit dem gerade wichtige Verhandlungen über die künftige Zusammenarbeit liefen, bat um eine möglichst baldige Darstellung der Vertriebsstrukturen. Den unternehmensinternen Leitgedanken von der „Kundenorientierung“ im Sinn, ließ Robert D. sofort alle Aktivitäten fallen, weil er dachte, das sei im Moment wichtiger. War es auch, aber er war nicht der Einzige, der so dachte: Ein Kollege, der nur wenige Büros entfernt saß, hatte die Kunden-Mail ebenfalls erhalten und sich den ganzen Tag mit derselben Aufgabe befasst.

Nachmittags standen beide mit einer Übersicht der vertrieblichen Aktivitäten im Büro ihres Chefs. Der monatliche Geschäftsbericht dagegen war noch nicht fertig. Doppelte Arbeit, vertane Zeit, und das alles nur, weil nicht kommuniziert wurde und nicht geklärt ist, wer sich um was zu kümmern hat! Missstimmung, Energieverlust und mehr als schlechte Laune bei allen Beteiligten waren die Folge.

Eine klare Positionierung oder wer überhaupt für was zuständig ist und kurze Absprachen sind gefragt, wenn es um effizientes Arbeiten geht. Auch hier ist wichtig die kommunikative Beziehung vorab zu klären. Vielleicht war auch dem Chef nicht ganz klar, wem er welche Aufgabe in Auftrag gegeben hatte. Fakt ist, hier fehlt eine klare und eindeutige Kommunikationsstruktur; vielleicht auch Kommunikationskultur.

Klare Navigation zum Kommunikationsziel

Oberstes Kommunikationsziel aller Kommunikationsabsichten ist die Verständigung – egal ob im Privatleben oder im Job. Es muss verstanden werden, worum es in einem Kommunikationsprozess überhaupt geht. Sich zu verständigen bedeutet, eine in der Situation ausreichende Kompatibilität von Erfahrungen bezüglich eines Themas herzustellen. Dieser Vorgang wird seinerseits als Problemlösung angesehen. Erst auf der Basis von Verständigung können Kommunikationszwecke erreicht werden, das heißt, es können übergeordnete Probleme gelöst werden. Beispiele für übergeordnete Kommunikationszwecke sind: gemeinsames Verrichten von Arbeit, die Organisation einer Veranstaltung, aber auch komplexe soziale Probleme, wie das Verändern von Überzeugungen, das Stabilisieren der eigenen Persönlichkeit, Lügen, Handlungsbeeinflussung oder Machtausübung. Die Beurteilung eines Kommunikationsprozesses als erfolgreich oder nicht betrifft immer beide Ebenen.

Probleme bei der Verständigung

Probleme in der Kommunikation entstehen auf der Ebene der Verständigung. Bei näherer Betrachtung sehen wir, dass die Verständigung in vielen Kommunikationssituationen problematisch wird. Viele Kommunikationsprozesse sind Kontrolldialoge, das heißt, sie dienen dazu, Verständnis zu überprüfen und Missverständnisse zu beheben, sofern sie festgestellt wurden. Militärische Kommunikation ist ein Extrembeispiel dafür, wie Kommunikation eingeschränkt wird, um folgenschwere Missverständnisse zu vermeiden. Aber wollen wir das in Unternehmen übertragen? Schulen, Universitäten, Seminare und Fortbildungen sind ein weiteres Beispiel dafür, dass Verständigung über ein komplexes Thema zu Beginn nicht funktioniert, weil beispielsweise die gemeinsame Begriffsklärung fehlt.

Probleme beim Erreichen des Kommunikationszweckes

Wenn wir unseren übergeordneten Kommunikationszweck nicht erreichen, wie das Überreden oder Überzeugen oder eine erfolgreiche Zusammenarbeit im Team, müssen wir eruieren, ob diese übergeordneten Probleme durch Missverständigung oder durch andere übergeordnete Faktoren zustande gekommen sind. Ein solcher Faktor könnte sein, dass wie im obigen Fall, Kommunikation überhaupt nicht zustande gekommen ist. Hier sind Führungskräfte gefragt, Kommunikationsprozesse zu etablieren und eine gute Kommunikationskultur vorzuleben. Dafür müssen sie sich ihrer Ziele und somit ihrer Kommunikationsziele und ihres Kommunikationszweckes bewusst sein.

„Wer sich selbst versteht, kommuniziert besser.“ 

Ein Kommunikationsseminar für gesundes Selbstmanagement und positive Kommunikationskultur

Termine:

5. bis 6. Oktober und 12. bis 13.Oktober 2018 in Köln, jeweils von 10.30-16.30 Uhr