Familienfest

Patch works! Was Familien zusammenhält

Im Mai, bei schönem Wetter, startet wieder die Hochzeitssaison. Familienfeste werden wieder größer gefeiert, denn man kann in den Garten oder den Park ausweichen und den Grill anwerfen. Es sind heute nicht mehr die klassischen Hochzeiten, auf denen ich früher war; die Hochzeiten im sogenannten zweiten Frühling sehen etwas anders aus, denn die Familien sind meistens bunter und bereits verzweigter. Die Kinder werden im besten Fall in die Zeremonie mit einbezogen, denn auch wenn es erst einmal eine Partnerschaft ist, die den Kern einer neuen oder erweiterten Familie bildet, das Wohl der Kinder sollte immer im Vordergrund stehen. Wer das beherzigt und das eigene Ego hintenanstellt, dessen Familie kann sich ganz bunt zusammensetzen und am Ende doch ein harmonisches Bild ergeben.

Die Familie von heute ist bunt

Bevor es den Begriff der Patchwork-Familie überhaupt gab, haben unsere Großmütter dieses Modell nach dem Krieg bereits gelebt. Die Familie, erst alleinerziehend, später mit einem neuen Mann, seinem Kind und einem gemeinsamen Baby wieder zusammenzuflicken, war damals eine übliche Überlebensstrategie. Heute lösen sich die vermeintlich starren Normen in immer weitere, buntere Formen auf und Familien werden vor die Aufgabe gestellt, sich ihren eigenen Rahmen zu geben, in dem sie leben wollen.

Patchwork-Vorbilder

Meine Oma gehörte auch zu den Frauen, die das beste aus ihrer Situation machte: im Krieg alleinerziehende Mutter geworden, bekam sie noch drei weitere Kinder von unterschiedlichen Männern, die entweder nicht aus dem Krieg zurückgekehrt waren, oder an den Traumatischen Kriegsfolgen starben. Da ergab sich Patchwork ganz von allein, quasi als Überlebensstrategie.

Das verlief natürlich nicht immer konfliktfrei. Ich will hier auch gar nicht behaupten, dass ich die Patentlösung für ein harmonisches Familienleben habe. Konflikte gehören viel mehr dazu, aber an genau diesen Konflikten und den Umgang mit ihnen können vor allem Patchwork-Familien wachsen. Durch meine Großmutter konnte ich schon früh beobachten und ableiten, was besonders gut lief und was nicht. Sie war außerdem meine persönliche Heldin, weil Sie trotz dieser furchtbaren Erfahrungen immer fröhlich blieb und es irgendwie schaffte, diesen vielfältigen Verbund von Menschen zusammenzuhalten.

Die eigene Patchwork-Erfahrung

Wie meine Heldin, lebe ich heute auch in einem Patchwork-System. Nicht, dass ich es darauf angelegt hätte, aber das Leben nimmt nun einmal seinen Lauf: Unsere Konstellation besteht aus meiner Tochter und ihrem Vater. Quasi der Kernfamilie. Es kam zur Trennung und mein Ex-Mann verbandelte sich mit einer neuen Partnerin und bekam noch eine Tochter. Seine Partnerin brachte noch einen Sohn aus erster Ehe mit. Zu dem gehört natürlich auch ein Vater, der ebenfalls ein zweites Kind mit seiner neuen Freundin hatte. Heute aber anderweitig liiert ist… Und bevor ich es vergesse: Ich führe ebenfalls eine neue Partnerschaft.

Eigentlich wollten wir unser Patchwork-System nur durchziehen bis die Kinder groß sind. Jetzt ist das älteste 24 Jahre alt und unsere ehemalige Zweckgemeinschaft zum Wohle der Kinder ist heute ein bunter, liebevoller und vielfältiger Haufen, der noch immer wächst.

Tschüss Ego! Wie Patchwork funktioniert

Eines vorweg: In Patchwork-Familien, in denen mit dem Ex-Partner, dessen neuer Frau, neuen Großeltern und Verwandten meist mehr Menschen involviert sind als in der klassischen Kernfamilie, haben Narzissten schlechte Karten. Denn, die wichtigste Voraussetzung für ein glückliches Zusammenleben ist die Bereitschaft für Wachstum und Entwicklung. Dazu bleibt das eigene Ego, zum Wohlergehen der Kinder, zu Hause. So bereitet man die Basis, für ein wundervolles, buntes Netzwerk, von dem nicht nur die Kinder profitieren.

Konflikte sind Chancen

Wo Individuen aufeinandertreffen entsteht Reibung. Doch Konflikte sind nützlich, denn sie zeigen wo es aktuell nicht optimal läuft und Verbesserungspotential für die Zukunft liegt. Wenn die Bedürfnisse der Kinder, die Basis für alle Entscheidungen bildet, fällt es uns leichter, kurzweilig Animositäten in den Hintergrund zu rücken.
Eine Patchwork-Familie hat den Vorteil, dass die vielen Berater auch durchaus nützlich füreinander sein können. Es ist eine Bereicherung, mit Co-Vätern und Co-Müttern nicht nur Experten bei Erziehungsthemen zu haben, sondern auch die Probleme der Erwachsenen thematisieren zu dürfen, um so Themen wie Trennung, Jobverlust oder Krankheit in einem vertrauten Umfeld teilen zu können.

Konfliktfrei miteinander reden

Probleme konfliktfrei untereinander austragen? Das geht! Am einfachsten gelingen konfliktfreie Gespräche, in dem man sich dazu einen neutralen Raum schafft, in dem am besten noch eine dritte, unbeteiligte Person der Patchwork-Crew dabei ist. Konfliktfreie Kommunikation bedeutet echte und klare Botschaften in Verbindung mit wohlwollenden Gedanken in Richtung Kindswohl. Fragen Sie sich dabei immer genau, welche Botschaft, Sie senden wollen. Was wollen Sie wirklich erreichen? Und was davon sind persönliche Emotionen, die nicht zielführend sind?

Patch works!

Eine Familie zusammenzuhalten ist keine leichte Aufgabe – egal für welche Konstellation Sie sich entschieden haben. Dabei gibt es kein richtig oder falsch. Wichtig ist, dass das Familienmodell zu allen beteiligten passt und das gemeinsame Ziel, den Kindern ein stabiles Lebensumfeld zu geben, im Fokus steht. Eltern können dabei nicht bloß zu Stief-, sondern ganz positiv gesehen zu Co-Müttern und Co-Vätern werden, wenn sie sich liberal und wertschätzend auf neue Partnerschaften mit Kindern einlassen. Wenn alle Beteiligten dies als Mehrwert und Nutzen sehen können und ihr Ego zu Hause lassen, ist es eine große Bereicherung für alle. Aber vor allem für die Kinder: Die innere Zerrissenheit oder Loyalitätskonflikte, die nach der Trennung der Eltern schnell entstehen, fallen weg. Die Patchwork-Geschwister können sich wie in traditionellen Familienmodellen aneinander reiben und so für ihr ganzes Leben lernen. Die einzelnen Teile ergeben wie bei Omas Patchwork-Decke ein stimmiges Ganzes.