Ursache psychisch

Fehldiagnose Stress, Burnout, Depression: Nicht immer liegt die Ursache im Kopf

Viele körperliche Beschwerden, für die es keine direkte Erklärung gibt, werden schnell auf die Psyche geschoben, oft zu vorschnell. Psychosomatische Ursachen werden für allerhand Symptome vermutet oder es wird ein Burnout oder sogar eine Depression diagnostiziert. Häufig sind es jedoch körperliche Ursachen, die zu Burnout-Symptomen führen oder wie eine ausgewachsene Depression anmuten.

Das Schlimmste jedoch: Ist eine Diagnose erst einmal gefällt, wird meistens nicht weitergeschaut. Viele leben Jahre, manche jahrzehntelang, mit dieser Fehldiagnose. So auch bei einem Kunden von mir. Die Diagnose: Burnout. Aber trotz Schonen, Stressreduzierung etc. ging es einfach nicht bergauf. Nichts half und er war drauf und dran, sich damit abzufinden. Er dachte, dann müsse er eben damit leben, ständig müde zu sein und antriebslos. Die Lebensfreude war weg. Jegliche Beziehungen litten natürlich auch darunter.

Ein guter gesundheitlicher Zustand ist die Voraussetzung für ein erfolgreiches Coaching

Um körperliche Ursachen auszuschließen schickte ich meinen Kunden zu einem guten Arzt aus meinem Netzwerk und siehe da: Die Ursache seiner Symptome und seiner jahrelangen, eigentlich unnötigen Leiden war eine Schwermetallvergiftung, ausgelöst durch eine Zahnfüllung. Sogar eine einfache Zahnwurzelentzündung kann zu psychischen Symptomen führen. Wenn eine Entzündung unentdeckt bleibt oder länger anhält, kann das Menschen emotional so aus der Bahn werfen, dass Ärzte sie als psychisch krank einstufen. Botenstoffe des Immunsystems lösen im Gehirn das typische Krankheitsgefühl aus, das Infizierte zum sozialen Rückzug drängt, sie introvertierter und antriebslos werden lässt. Eigentlich ist das sinnvoll, Kranke gehören schließlich ins Bett. Doch auf Dauer kann es das psychische Gleichgewicht gefährden.

Solche Geschichten gibt es leider immer wieder, weshalb ich nur jedem raten kann, sich wirklich einen guten Arzt zu suchen, sich in Achtsamkeit zu üben und dann auf sein Körpergefühl zu hören und wenn nötig, hartnäckig zu bleiben bei der Suche nach den Ursachen.

Keine Ursache finden

In einer Geschichte aus dem Stern hat eine Patientin genau das gemacht. Sie hat viele Ärzte besucht, aber ihre Ausdauer wurde zunächst nicht honoriert, sondern am Ende nur noch als weiterer Beweis für die Psychosomatik ihrer Beschwerden gedeutet. Sobald ein Arzt die Ursachen auf die Psyche schiebt, nehmen sich leider auch andere Fachleute kaum Zeit, nach anderen Ursachen zu forschen, bis sogar das Umfeld anfängt, einen für „verrückt“ zu halten. Dabei war die Patientin sich sicher, dass ihre Kopfschmerzen und Sehstörungen nicht auf übermäßigen Stress zurückzuführen sind.

Wer hat’s erfunden: Sigmund Freud

Man könnte sagen, Sigmund Freud ist schuld daran, dass viele Symptome noch immer vorschnell auf die Psyche geschoben werden. Er schuf Anfang des 20. Jahrhundert den Begriff der „Konversionsstörung“, das bedeutete, wenn die gepeinigte Seele sich nicht ausdrücken kann, verschiebt sie ihre Not auf die körperliche Ebene. Damals war das eine bahnbrechende Erkenntnis. Heute geht man allerdings davon aus, dass es für die Leiden seiner Vorzeigepatientin durchaus körperliche Ursachen gab – zumindest für einen Teil von ihnen. Gehen wir weiter in der Medizingeschichte: in das Jahr 1950. Dort hat der Arzt und Psychoanalytiker Franz Alexander sieben typische psychosomatische Erkrankungen zusammengefasst, die sogenannten „Holy Seven“: Magen-/Zwölffingerdarm-Geschwür, Colitis ulcerosa, Neurodermitis, Asthma, Bluthochdruck, Schilddrüsenüberfunktion und rheumatoide Arthritis. Sie sehen schon, die Forschung hat das längst überholt und es gibt für alle sieben Krankheiten auch Auslöser, die nichts mit der Psyche zu tun haben.

Der Patientin oben hat am Ende eine „Taskforce“ rund um den Arzt Jürgen Schäfer an der Uniklinik Marburg geholfen. Das Ärzteteam hat schnell festgestellt, dass es sich bei ihr um eine Hormonunverträglichkeit handelt, ausgelöst durch die Hormonspirale. Seiner Meinung nach hätte darauf jeder Arzt kommen können, wenn er nur die richtigen Fragen gestellt hätte. Deshalb arbeitet er auch an einem entsprechenden Fragebogen für Ärzte, damit nicht mehr so viel übersehen wird.

Burnout oder doch ein Virus?

Auch bei mir zeigten sich vor kurzem wieder Symptome, die zu einem Burnout passen. Nun habe ich selbst bereits einen Burnout durchgemacht und höre mittlerweile sehr genau und gut auf meinen Körper und wusste daher, dass es das nicht sein kann. Es war ein Virus. Wird er fachgerecht behandelt, verschwinden auch die Symptome schnell wieder.

Ähnliche Fälle schildert Erich Kasten. Er ist Psychologe und Professor an der Universität Göttingen, behandelt aber auch Patienten in seiner Praxis. Zu ihm kommen oft Menschen, die bei ihm eigentlich völlig falsch sind, denn sie haben keine psychischen Störungen. Sie hatten eine glückliche Kindheit, führen eine intakte Ehe, haben gesunde Kinder und einen prima Job und können sich doch zu nichts mehr aufraffen.

Krankheiten, die auf die Psyche schlagen

Schon eine Unterfunktion der Schilddrüse kann ähnliche Symptome auslösen wie eine Depression. Eine Überfunktion hingegen ruft mitunter Stimmungsschwankungen hervor, die das Leben der Betroffenen auf den Kopf stellen. Es gibt zahlreiche solcher körperlichen Ursachen von psychischen Störungen, auch Vitaminmangel oder -überversorgung gehören dazu.

Ist Franz Alexander in den 50er Jahren noch davon ausgegangen, dass psychosomatische Störungen zu Magen- und Darmerkrankungen führen, geht man heute davon aus, dass es viel häufiger umgekehrt ist. Neurogastroenterologen betrachten den Darm wegen seiner millionenfachen Nervenzellen als eine Art zweites Gehirn. Es empfängt nicht nur Signale aus dem Gehirn, sondern sendet auch Informationen dorthin. Neben den Nervenzellen nehmen so Immunbotenstoffe, Darmhormone und Bakterien Einfluss auf das Gehirn – und steuern womöglich Emotionen. Das zeigt, wie wichtig eine gute Ernährung nicht nur für unseren Körper, sondern auch für unser seelisches Wohlbefinden ist.

Gute Ernährung für einen guten Zustand

Eine Studie mit etwa 3.000 Jugendlichen in Australien zeigte, dass sich bei Teilnehmern, die im Laufe der Jahre ihre Ernährung auf gesunde Kost umstellten, auch das psychische Wohlbefinden verbesserte. Bei denen, die sich schlechter ernährten, nahm ebenso das Wohlbefinden ab. Es gibt sogar Studien, die darauf hinweisen, dass besonders Mittelmeerkost der Seele guttut. Ein gutes Argument für den nächsten Urlaub, oder?